Südtirol - Trentino (21.6. bis 27.6.2015) - Naturwissenschaftliche Projektwoche 6N
Knapp 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg begaben wir uns im Rahmen der naturwissenschaftlichen Projektwoche auf die Spuren der damaligen Dolomitenfront. Viele der alten Kriegssteige und Versorgungswege wurden in den letzten Jahren renoviert und als Wanderwege und Klettersteige neu ausgewiesen. Dort trifft man überall auf Relikte des 1. Weltkriegs - alte Maschinengewehr-Stellungen, Mundlöcher von Stollen, Versorgungsdepots für Munition, alte Wohnbaracken, Beobachtungsposten etc....
Vor der Retrospektive hinsichtlich des 1. Weltkriegs unternahmen wir ganz am Beginn der Projektwoche (Abfahrt in Wels 5:00 morgens!) eine geführte sieben Stunden dauernde Abenteuer-Tour (untertage wie übertage) zum höchst gelegenen Schaubergwerk der Welt am Schneeberg im Ridnauntal unweit des Brenner-Passes in Südtirol.
Am Tag darauf begannen wir den Kriegssteigen der Dolomitenfront zu folgen. Beginnend in Südtirol ganz im Nordosten - nahe der österreichischen Grenze - umrundeten wir in den Sextener Dolomiten die Drei Zinnen - weltberühmtes Ansichtskartenmotiv zum Anfassen! In unmittelbarem Kontakt mit all den Kriegsspuren vor Ort kann man sich mit ein wenig Phantasie überall die hochalpine Dramatik der Kriegssituation zwischen den Kaiserjägern auf der einen Seite und den Alpini-Soldaten auf der anderen Seite vorstellen. Zumindest aus der heutigen Perspektive ein Mahnmal für sinnloses Sterben in einer der weltweit schönsten Hochgebirgsregionen der Welt.
Und diese oft unbeschreibliche Schönheit der Südtiroler und Trentiner Bergwelt begegnete uns bei jeder Wanderung. Ob auf dem Kleinen Lagazuoi (2778 m) im Naturpark Fanes-Sennes-Prags mit seinen Kilometer langen, steil in die Dolomitfelsen gesprengten Tunneln oder weiter Richtung Südwesten direkt auf dem Hauptkamm des Monte Baldo am Gardasee. Nach Seilbahnauffahrt von Malcesine kann man dort vom luftig angelegten "Sentiero del Ventrar" bei einer vier stündigen Wanderung die ehemalige Frontlinie nahe Riva aus der Helikopterperspektive 1600 Höhenmeter über der Seeoberfläche betrachten.
Die anstrengendste Wanderung führte uns auf den Pasubio (2230 m) - ein im 1. Weltkrieg bitter umkämpfter Berg ca. 40 Kilometer östlich von Rovereto in dessen Gipfelbereich bei Stellungskämpfen Zehntausende Soldaten getötet wurden. Die Italiener bauten damals einen spektakulären Versorgungspfad auf den Hauptkamm des Pasubios, indem sie dessen Anlage bis zu 300 Meter lange Felstunnels in eine senkrechte Felswand sprengten - insgesamt 52 Stück an der Zahl. Mit Helm und Stirnlampe ausgerüstet konnten wir diesen restaurierten Bergpfad - die Strada delle Gallerie - erforschen. Gehzeit vom Passo del Fugazze zum Rifugio Papa (1929 m) und über die Gallerie zurück zum Bus - ca. acht Stunden, 1200 Höhenmeter im Auf- und Abstieg.
Natürlich kamen während der Projektwoche auch die naturkundlichen Aspekte der Region nicht zu kurz. Neben geographischen, geomorphologischen, geologischen, paläontologischen und mineralogischen Details standen dabei Ende Juni vor allem die Analyse der Vegetationseinheiten und die Bestimmung und auch Bewunderung der gerade prächtig blühenden Hochgebirgsflora im Mittelpunkt der Aktivitäten.
Weitere Höhepunkte waren die Besteigung der Bocca Sperone auf ausgesetzten ehemaligen Kriegssteigen - 1000 Meter senkrecht über Riva del Garda sowie eine ausgedehnte Bootsfahrt am Gardasee mit Besichtigung von Malcesine, Limone und Riva del Garda sowie der Besuch der eindrucksvollen Cascata Varone. Das ist ein knapp 100 Meter hoher Wasserfall, der im Laufe von Jahrmillionen eine enge, senkrechte Schlucht im Jura-Gestein aushöhlt hat. Wir genossen nicht nur dort auch das milde Klima am Gardasees mit dem italienischen Flair, zu dem die Zitronengärten, Olivenhaine und Steineichenwälder auch am Ufer des nördlichen Gardasees gut passen.
Insgesamt eine fachlich wie emotional intensive - auch mit großen körperlichen Anstrengungen verbundene - Projektwoche.
Der Dank von Prof. Schermaier gilt allen Schüler*innen für ihr Engagement, ihr Durchhaltevermögen, ihre Begeisterungsfähigkeit - und vor allem ihren Humor! Frau Prof. Mag. Renate Singer war uns - wie immer - eine wertvolle Begleitung. Für ihre professionelle Arbeit und Umsicht dankt er ihr ebenfalls herzlich. Manuela Jackel lenkte unseren Bus auf oft engen Straßen um unzählbare Kurven insgesamt 1800 Kilometer weit sicher durch die Berge. Dafür und auch für die viele andere Unterstützung ebenfalls ein ehrliches Danke!
Bericht von MMag. Dr. Andreas Schermaier