Erasmus+ Mobilität nach Amiens (Nordfrankreich)
Vive la France! Vive la Picardie!
Nach dem Besuch unserer französischen Partnerschule in Wels im Mai 2022 statteten wir nun dem Lycée La Hotoie in Amiens vom 18.09. bis zum 23.09.2022 einen Gegenbesuch ab.
Strömender Regen bei der Abreise und die Aussicht auf eine 13-stündige Busfahrt - der Anfang ist alles andere als vielversprechend. So klettern am Sonntagmorgen kurz vor fünf Uhr 21 schlaftrunkene Schüler*innen und zwei ebenso übernächtigte Lehrerinnen in den Reisebus, der sich als äußerst komfortabel herausstellen sollte.
Die lange Fahrt vergeht überraschenderweise wie im Flug, und auch der Wettergott hat ein Einsehen und schließt die Schleusen - der Anfang einer sonnigen Herbstwoche.
Unser Hotel hat zwar nur zwei Sterne, ist aber modern, fröhlich-bunt, sauber und sehr zentral in Bahnhofsnähe gelegen. Das Frühstücksbuffet kann es mit jedem Drei-Sterne-Hotel aufnehmen. Wir werden von Madame Sina Zietz aus unserer Partnerschule begrüßt und starten unser Frankreich-Abenteuer in einer hippen Crêperie im angesagten Studentenviertel Saint-Leu. Danach erwartet uns eine ganz besondere Performance: Die berühmte gotische Kathedrale (die größte Kathedrale Frankreichs!), auf die wir bereits aus dem Restaurantfenster einen Blick erhaschen konnten, wird in einer spektakulären Lichtshow („Chroma“) in Szene gesetzt, und wir bekommen eine Vorstellung davon, wie sie wohl ausgesehen hat, als die Fassade noch bunt bemalt war.
Bei der kurzweiligen Stadtführung am Montag bestaunen wir den Beau Dieu, den Schönen Gott sowie die Szenen aus dem Leben Christi auf der Fassade sowie im Inneren das etwas gruselige Haupt von Johannes dem Täufer samt Loch über dem Auge, das die Echtheit der Reliquie bezeugen soll, wurde doch der Kopf des armen Mannes nicht nur der grausamen Salome auf einem Silbertablett serviert, sondern auch noch mit einem Dolch durchbohrt. So will es jedenfalls die Legende, wie man dem prachtvollen Hochrelief entnehmen kann. Wenn die Geschichte nicht wahr ist, ist sie jedenfalls gut erfunden und zieht bis zum heutigen Tag unzählige Pilger*innen aus aller Welt an. Unsere zweisprachige Stadtführerin zeigt uns nicht nur die Kathedrale, sondern auch die interessantesten Sehenswürdigkeiten und Plätze der Stadt, darunter den Beffroi (Belfried) d’Amiens, der mit seinen 52 Metern lange Zeit der höchste Turm der Stadt war, das Rathaus und die berühmte Uhr (L’Horloge Dewailly) mit der Maria, die ihr Hemd vergessen hat (Marie sans chemise). Natürlich darf auch der Ort, an dem der Heilige Martin seinen Mantel geteilt hat, nicht fehlen. Auf die Schüler*innen wartet die erste Challenge: Die französischen Partner*innen führen die Österreicher*innen zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten der Stadt und machen Beweis-Selfies.
Am Nachmittag steht dann die erste projektbezogene Exkursion zur Nachhaltigkeit auf dem Programm: In kleinen Booten gleiten wir durch die Hortillonnages, die schwimmenden Gärten von Amiens, wo bis heute noch Gemüse angebaut wird.
Am Dienstag besuchen wir die Baie de Somme, wo uns ein erfahrener Guide in die Geheimnisse der Somme-Mündung einweiht. Bei Ebbe stapfen und waten wir durch Sand und Schlick, sammeln Muscheln und kleine Krebse und werden Zeugen eines unglaublichen Spektakels: In die beinahe menschenleere Bucht fallen plötzlich wie auf ein Zeichen in bester Mad-Max-Manier Dutzende Traktoren ein und bewegen sich unaufhaltsam in Richtung Meer. Auf E-Bikes fahren kernige Naturburschen auf die Sandbänke zu und ernten Muscheln, die dann - angeblich - nach Spanien verkauft werden sollen - nicht wirklich nachhaltig…
Am Abend lernen wir die Schulkantine und ihr ausgeklügeltes Mülltrennungssystem kennen: Neben Biomüll und Verpackungsmaterial wird sogar Futter für die Hühner, die demnächst ankommen sollen, gesammelt! Den dazugehörigen Stall besichtigen wir am übernächsten Tag, die Bienenstöcke bewundern wir nur mit Respektabstand.
Dem nächsten Tag fiebern alle entgegen: Endlich Paris! Sightseeingtour mit dem Bateau-Mouche, la Tour Eiffel, Shopping auf den Champs-Élysées und zum Schluss Montmartre und das Sacré-Coeur - was will man möhr, pardon, mehr! Leider bedeutet Paris auch endlose Staus, die vor allem die Geduld unseres umsichtigen Buschauffeurs auf eine harte Probe stellen. Immerhin fahren wir am Stade de France in Saint-Denis vorbei, in dem am nächsten Tag Österreich gegen die französische Nationalmannschaft verlieren sollte und lernen auch die Pariser Vorstadtviertel kennen. Glücklich wieder im ruhigeren Amiens zu sein lernen wir die Brasserie de l‘Horloge kennen und speisen gleich neben der hemdlosen Marie.
Den letzten Tag verbringen wir im Lycée La Hotoie: Nach gemeinsamen sportlichen Aktivitäten in gemischten zweisprachigen Gruppen und einem Mittagessen in der Kantine, in der ein schuleigener Küchenchef aufkocht, erfahren wir, welche Aktivitäten zur Nachhaltigkeit das Lycée anbietet. Danach nützen wir am Nachmittag die Expertise der französischen Schüler*innen, die mit ihren Gästen für den Vorlesewettbewerb am Europäischen Tag der Sprachen üben. Dann steigt die Spannung - es geht um die Präsentation und Prämierung der Foto-Challenge, bei der es natürlich keine Verlierer*innen gibt: Auf alle wartet ein schöner Preis. Das letzte Highlight ist das Galadiner in Anwesenheit des sympathischen Schulleiters Monsieur Dominique Mallet im Restaurant d‘application der Hotelfachschule. In elegantem Ambiente speisen wir, was uns die aufgeregten Schüler*innen gekocht haben und - manchmal mit zitternden Händen - servieren. Am Ende überreicht der Schulleiter allen noch ein wertvolles Geschenk der Region und drückt seine Hoffnung aus, dass unsere Schulpartnerschaft auch in Zukunft fortgesetzt werden möge. Keine Frage, dass wir gerne wiederkommen möchten!
Die Rückfahrt verläuft ebenso angenehm wie die Hinreise und schon sind wir wieder zu Hause. Im Gepäck haben wir nicht nur die berühmten Macarons von Amiens, sondern auch viele Erinnerungen an eine wunderschöne Woche der Begegnung zweier Nationen, die viel gemeinsam haben!
Herzlichen Dank an unsere französische Partnerschule (Madame Sina Zietz, Madame Laure Lemois, Monsieur Olivier Gallet und dem ganzen Team um den engagierten Schulleiter Monsieur Dominique Mallet) für die ausgezeichnete Organisation des Programms und die nette Betreuung.
Vielen Dank auch an Frau Mag. Ingrid Macher für ihre tatkräftige Unterstützung sowie für ihre Ruhe und Gelassenheit!
Bericht von Mag. Ursula Pum, M.A.