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Das gibt’s in Wels kein zweites Mal. Auch in Oberösterreich nicht. Selbst in ganz Österreich findet man keine Schule, die das Philosophieren als Zusatzangebot für interessierte Schülerinnen und Schüler anbietet. Daher wurde das Philosophikum an unserer Schule in die best-practice-Liste des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung aufgenommen.

Die Methode heißt „sokratisches Gespräch“ und betont die Kunst des Fragens. Sokrates selbst machte sich auf der Agora Athens nicht gerade viele Freunde mit dem Insistieren auf vernünftigen Antworten. Insofern hat sich seit dem fünften Jahrhundert v. Chr. bis heute wenig verändert. Damals wie heute jedoch findet gerade die Jugend große Freude am Hinterfragen von scheinbar Selbstverständlichem. Ein oder zwei Kurzstatements leiten die sokratischen Gespräche ein, dann wird 90 Minuten lang diskutiert, nachgedacht, provoziert. SchülerInnen für diese einleitenden Kurzstatements zu finden war überhaupt nie ein Problem. Die Gesprächsleitung beschränkt sich auf das Einfordern des Philosophischen und auf Interventionen auf der Metaebene, d.h. auf Zusammenfassungen, Gegenüberstellen von Positionen, Fragen nach der gewünschten Richtung des Gesprächs. Wer Interesse an einer diskursiven Auseinandersetzung hat, kommt zum vereinbarten Termin – und los gehts! Die geltenden Regeln sind überschaubar: den anderen zuhören, konzentriert beim Thema bleiben, keine Seitengespräche führen, wertschätzend miteinander umgehen. Dass das Gespräch im philosophischen Terrain bleibt, ist Aufgabe des Gesprächsleiters.

Das Philosophikum gedeiht im Schatten operationalisierbarer Outputorientierung, die den gegenwärtigen Bildungsdiskurs dominiert. Es ist – ähnlich wie der Philosophie-Essay-Wettbewerb - als niedrigschwellige Einladung zur europäischen Denktradition gedacht und kommt auch so an: Die TeilnehmerInnenzahlen schwanken zwischen 6 und vierzehn. Die meisten SchülerInnen kommen aus den siebten und achten Klassen. Die Themen geben wir uns selber, sie sind als Fragen formuliert: „Woran glaubt, wer nicht glaubt?“ etwa oder „Soll man ein guter Mensch sein?“ Nach eineinhalb Stunden ist Schluss, erstens weil die Zeitbegrenzung den Druck, das Wesentliche zu sagen, erhöht. Zweitens ist das Leben bekanntlich kurz, zu kurz fürs Trödeln. Wenn wir auseinander gehen, haben wir zwar nicht die bösen Geister dieser Welt vertrieben, wohl aber uns die Zeit, und zwar sinnvoll.

Das heurige Philosopikum startet am 9.10.2019 und widmet sich einem ziemlich schweren Brocken, nämlich der Frage nach dem Sinn des Lebens. Das interessiert jede und jeden. Und wenn wir dieses Problem gelöst haben, nehmen wir uns das nächste vor.

Bericht von Mag. Roland Luft